Newsletter Oktober 2020
NEWSLETTER Oktober 2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir freuen uns, Sie im ersten Newsletter des Jahres 2020 über Aktuelles zum Nationalfonds der Republik Österreich, zum Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus und zum Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe informieren zu dürfen. Dieses Jahr stellt uns im Hinblick auf die Corona-Pandemie, die alle Lebensbereiche beeinträchtigt, vor besondere Herausforderungen; leider sind NS-Opfer in besonderem Maße betroffen – denn gerade für diese Menschen bedeuten Erfahrungen wie ein Lockdown und die damit verbundene Isolation oft ein schmerzhaftes Wiedererleben. 2020 ist aber auch ein besonderes Jahr für den Nationalfonds, der heuer sein 25-jähriges Bestehen begeht.
Veranstaltungen
Hörbuch-Präsentation
Bereits seit einigen Jahren gibt der Nationalfonds in einer Buchreihe Lebensgeschichten von Holocaust-Überlebenden heraus. Heute, Montag 19. Oktober 2020 ab 18 Uhr stellt der Nationalfonds im Theater Nestroyhof/Hamakom nun erstmals ein Hörbuch vor – „Erinnerungen“, berührend gelesen von Mercedes Echerer, Katharina Stemberger, Cornelius Obonya und Tobias Resch. Die Präsentation wird direkt über unserer Website https://www.nationalfonds.org sowie über Facebook https://www.facebook.com/nationalfonds/live/ live gestreamt und auch on demand zur Verfügung stehen.
Ausstellung "Vom Vergessen zum Erinnern"
Im Zuge des 25-Jahr-Jubiläums wurde am 13. Oktober 2020 im Pariser Heinrich-Heine-Haus in Kooperation mit dem Österreichischen Kulturforum Paris die Ausstellung "Vom Vergessen zum Erinnern. Der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus" eröffnet. Sie blickt auf die Geschichte des Nationalfonds und beleuchtet sowohl seine vergangenen als auch die gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben. Im Fokus stehen aber auch die Restitutions- und Entschädigungsmaßnahmen des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus sowie der Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich. Die Ausstellung wurde mit einer Podiumsdiskussion eröffnet, die sich im internationalen Vergleich mit dem (nationalen) Umgang mit der Shoah befasste.
Neukonstituierung von Kuratorium und Komitee
Bereits im Dezember 2019 hatte der Hauptausschuss des Nationalrats elf Mitglieder im Kuratoriums gewählt. Mit der Regierungsbildung im Jänner 2020 wurden die gesetzlich vorgesehenen Minister aufgrund ihrer Funktion Mitglieder im Kuratorium. Am 15. Mai 2020 fand dann – unter besonderer Berücksichtigung der erforderlichen Maßnahmen in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie –im Dachfoyer der Hofburg die konstituierende Sitzung des Kuratoriums der drei Fonds unter dem Vorsitz des Nationalpräsidenten statt.
Zudem hatte der Hauptausschuss des Nationalrates der Ernennung von Justizminister a.D. Clemens Jabloner, Parlamentsvizedirektorin Susanne Janisty-Novák und Botschafter Ferdinand Trauttmansdorff zu Mitgliedern des Komitees des Nationalfonds einhellig zugestimmt. Weitere Mitglieder des Komitees sind der Erste Präsident des Nationalrates, Mag. Wolfgang Sobotka, der auch Vorsitzender des Komitees ist, und die Zweite Präsidentin des Nationalrates, Doris Bures.
Neues vom Nationalfonds
Projektförderung
Das Kuratorium des Nationalfonds beschloss in seiner Sitzung am 15. Mai 2020 die Förderung von 105 Projekten. Dabei handelt es sich um 27 Projekte aus dem Bereich Bildung, Forschung und Wissenschaft, die der Erforschung und Vermittlung der Geschichte des Nationalsozialismus dienen. 27 Projekte betrafen Veranstaltungen (Theater, Ausstellungen, Symposien/Seminare oder Konzerte), 16 Projekte Gedenkstätten oder Gedenkveranstaltungen sowie 35 Projekte die Förderung von Büchern, Filmen und anderen Medien. Zudem genehmigte das Kuratorium elf soziale und medizinische Programme zugunsten von NS-Opfern aus Restmitteln gemäß § 2b Abs. 6 des Nationalfondsgesetzes. Insgesamt hat der Nationalfonds bisher rund 2.300 Projekte und Programme im Gesamtausmaß von rund 33 Millionen Euro gefördert.
Österreichischen Ausstellung im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau
Im Block 17 im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau, in dem künftig die neue österreichische Ausstellung gezeigt werden soll, wurden am 21. April 2020 im Zuge der laufenden Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten Gegenstände aus der Zeit des Lagers gefunden: Im Erdgeschoß des Gebäudes wurde ein Kaminzug freigelegt, unter dem versteckte Objekte wie Messer, Gabeln, Haken, Scheren, Lederstücke, Schusterwerkzeug und Teile von Schuhen verborgen waren. Die Gegenstände wurden behutsam geborgen, dokumentiert und der konservatorischen Abteilung des Museums übergeben. Ebenfalls im April 2020 wurde die Generalunternehmung für die Ausführung der Innenraumgestaltung der Ausstellung ausgeschrieben. Da keine geeigneten Angebote einlangten, wurde Ende Juli 2020 eine Neuausschreibung erforderlich widerrrufen und neu ausgeschrieben. Im September 2020 wurde zudem die Entwicklung und Umsetzung der Medientechnik (Bereitstellung von Hard- und Software) ausgeschrieben.
Findbuch für Opfer des Nationalsozialismus
Seit Juli 2020 sind rund 130.000 neue Datensätze im Findbuch für Opfer des Nationalsozialismus abrufbar. Erstmals sind auch Akten des Niederösterreichischen Landesarchivs und des Steiermärkischen Landesarchivs im Findbuch abrufbar. Zudem wurden erstmals „Arisierungsakten“ aus dem Bestand der Vermögensverkehrsstelle im Österreichischen Staatsarchiv sowie Nachkriegsakten zur öffentlichen Verwaltung aus dem Bestand des Wiener Magistrats im Wiener Stadt- und Landesarchiv in das Findbuch aufgenommen.
Neues vom Entschädigungsfonds
Antragskomitee
Im März 2020 erschien der Schlussbericht des Antragskomitees des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus. Die 562 Seiten starke Publikation dokumentiert die Tätigkeit jenes unabhängigen, international besetzten Gremiums, das über 20.702 Anträge auf Vermögensentschädigung entschieden hat. Rund 25.000 NS-Opfer oder deren Erben und Erbinnen erhielten Entschädigungszahlungen – in Summe rund 215 Millionen US-Dollar. Die Dokumentation der Arbeit des Antragskomitees erfuhr in der Presse durchwegs positive Würdigung: Matthias Dusini bezeichnete im Falter den Schlussbericht als "Denkmal der Republik". Günther Haller meinte in "Die Presse am Sonntag": "Ohne Zweifel eine der wichtigsten Buchpublikationen in der Zweiten Republik." Der Schlussbericht ist über den Facultas-Online-Shop um 39,- Euro österreichweit versandkostenfrei erhältlich; eine Präsentation ist in Vorbereitung.
Schiedsintanz
Ende August 2020 endete die letzte Frist für Wiederaufnahmeanträge bei der Schiedsinstanz für Naturalrestitution. Die Schiedsinstanz hatte bereits seit Ende 2018 alle eingelangten 2.307 Anträge auf Naturalrestitution fertig bearbeitet und zu diesen 1.582 Entscheidungen getroffen. Der Gesamtwert aller Immobilien, deren Rückstellung die Schiedsinstanz empfohlen hat, beläuft sich auf geschätzte 48 Millionen Euro. Mit dem Fristende für Wiederaufnahmeanträge ist die Aufgabe der Schiedsinstanz auch formal abgeschlossen. Nach Kenntnisnahme ihres Schlussberichtes durch den Hauptausschuss des Nationalrats wird die Schiedsinstanz aufgelöst werden. Ihre Tätigkeit wird auch für die Öffentlichkeit nachvollziehbar dokumentiert: Die Entscheidungen können in anonymisierter Form online eingesehen werden und werden auch in einer zweisprachigen Buchreihe veröffentlicht. Die geographische Lage der Liegenschaften, zu denen Entscheidungen der Schiedsinstanz vorliegen, ist online über https://maps.nationalfonds.org/sigis abrufbar. 2021 wird der Schlussbericht der Schiedsinstanz in Buchform auf Deutsch und Englisch erscheinen.
» zur Entschädigungsfonds-Website
Neues vom Friedhofsfonds
Instandsetzungsprojekte
Das Kuratorium des Friedhofsfonds hat in seiner Sitzung vom 15. Mai 2020 fünf Projektanträge zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich im Gesamtumfang von rund 400.000 Euro genehmigt: Das dritte Teilprojekt am jüdischen Friedhof Baden im Umfang von rund 104.300 Euro umfasst die Ausführung von Zusatzarbeiten zur statischen Sanierung der Grabanlagen und die Örtliche Bauaufsicht. Teilprojekt 3 am jüdischen Friedhof Klosterneuburg im Umfang von rund 74.200 Euro umfasst die Ausführung von Zusatzarbeiten zur statischen Sanierung der Grabanlagen sowie Sanierung von Fundamenten und die Örtliche Bauaufsicht. Das erste Teilprojekt am jüdischen Friedhof Linz im Umfang von rund 161.600 Euro umfasst die Planung und Generalplanerleistungen, die Geschäftliche Oberleitung und Örtliche Bauaufsicht. Das fünfte Teilprojekt am jüdischen Friedhof Graz im Umfang von rund 122.500 Euro umfasst die Ausführung der statische Sanierung der Grabanlagen, Sanierung von Fundamenten, Grabeinfassungen und Friedhofswärterhaus sowie die örtliche Bauaufsicht.
Im Oktober 2020 hat die Bundesregierung bekannt gegeben, die Sanierung des jüdischen Friedhofs Währing mit jeweils 200.000 Euro für die nächsten drei Jahre an den 2017 gegründeten Verein "Rettet den Jüdischen Friedhof Währing“ zu unterstützen. Zudem hat der Friedhofsfonds bisher sechs Instandsetzungsprojekte im Umfang von insgesamt rund 1,02 Millionen Euro aus Bundesmitteln finanziert.
Alle Details zu den genannten Projekten sowie zu allen weiteren vom Kuratorium genehmigten Instandsetzungsprojekten sind auf der Website des Friedhofsfonds unter www.friedhofsfonds.org/instandsetzung dokumentiert.
Aktuelle Zwischenbilanz
Seit 2011 konnten Maßnahmen zur Bewahrung der jüdischen Friedhöfe Baden, Deutschkreutz, Göttsbach/Ybbs, Graz, Hohenems, Klosterneuburg, Kobersdorf, Lackenbach, Linz, Stockerau, Währing und am Zentralfriedhof Wien Tor I und IV mit einer Fördersumme von rund 7,3 Millionen Euro aus Bundesmitteln gefördert werden.
Nachrufe
Im Jahr 2020 mussten wir von langjährigen BegleiterInnen und ZeitzeugInnen Abschied nehmen: In der Nacht zum 19. April 2020 verstarb Richard Wadani, Wehrmachtsdeserteur, Ehrenobmann und langjähriger Sprecher des Personenkomitees „Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz. Im Juni 2020 verstarb Gideon Eckhaus, Gründer und langjähriger Vorsitzender des Zentralkomitees der Juden aus Österreich in Israel und der Vereinigung der Pensionisten aus Österreich in Israel. Am 4. Juli 2020 verstarb Dr. Kurt Hofmann, Vizepräsident des Obersten Gerichtshofes i. R. und langjähriges Mitglied des Antragskomitees des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus. Am 7. September 2020 verstarb Professorin Dr.in Gertrude Schneider, Historikerin und Journalistin, Überlebende des Rigaer Ghettos und mehrerer Konzentrationslager.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Nationalfonds-Team